Das Gänsebreviar
Die Gans, die “Königin“ des Haus- und Nutzgeflügels
Alle europäischen Landgänseschläge gehen auf die Grau- oder Wildgans (Anser cinereus) zurück. Im alten Ägypten, in Persien und in Griechenland wurden vor über 3000 Jahren Gänse schon als Hausgeflügel gehalten. Die Gans galt den alten Kulturen als Symbol der ewig göttlichen, geheimnisvollen Befruchtungskraft der Natur.
In Europa ist sie neben den Enten einer der ersten domestizierten Nutztiere. So entstanden seit dem frühesten Mittelalter regional unterschiedliche Typen.
An der Nord- und Ostsee auf den schweren Marschböden der schwere Schlag der Emdener Gänse, in Stralsund, Rügen und Pommern die Pommerngänse. Im Süden entstanden die leichteren Frankengänse und die Bayerischen Landgänse.
Selbst kleine Regionen brachten eigene Typen hervor, wie die Diepholzer- , Leine- und Lippegänse, weit über 100 Lokalschläge und Halbschläge, die leichte Unterschiede im Typ aufweisen. Es gibt alle Farben von hellblau, blau, grau, braun, gelb, weiß bis zu individuellen Schecken und Schimmel aller Couleur. Von der Ostpreußischen Hausgans bis zur Oberlausitzer- oder Wendischen Gans sind viele landläufige Schläge, wie in den 20 Jahren des letzten Jahrhunderts von Bruno Dürigen (1853-1930) noch in seinen großen Geflügelbüchern beschrieben wurde , heute verschwunden. Mit der Gründung der ersten Geflügelzuchtvereine um 1870 wurden einige Landschläge in einen geschaffenen Standard aufgenommen und zur Rasse veredelt. (Emdener-, Diepholzer- und Pommerngänse).
Neuere Rassen, aus Landgänsen mit der Höckergans (Asien), wie Elsässer- und Steinbacher Kampfgänse entstanden vor ca. 120 Jahren. Diese sind keine Gänse europäischen Ursprungs. Die Werte einer Rasse, die ursprüngliche Substanz wie das Erscheinungsbild, der Bruttrieb und das Brutverhalten, ein normales Gelege, das Gewicht sowie die Farbe und Flugfähigkeit sind völlig verändert oder verloren gegangen. Die optische Zucht ( für Geflügelschauen) steht im Vordergrund.
Gegen Ende des 2. Weltkrieges waren viele Landschläge in den Kriegswirren schon verloren gegangen. Die durch die Geflügelindustrie veredelte Deutsche Legegans trat ihren Siegeszug an. Starke Umwälzungen in der Landwirtschaft, immer weniger Kleinbauern und die Zersiedelung der Landschaft ließen die Populationen weiter schwinden. Die Vermarktung der Flugente (Südamerika) durch die Geflügelindustrie Ende der 70er Jahre tat ihr übriges. Bei Mast auf ein fast gleiches Gewicht von 4 kg innerhalb von 7 Monaten musste man keine Zuchtgänse durch den Winter füttern.
Heute werden die Land- oder Bauerngänse auf der Roten Liste der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierassen(GEH) zur Beobachtung geführt.
Versuche Ende der neunziger Jahre die Bayrische Landgans in den Standard zu bringen, scheiterten zum Wohle der Tiere aufgrund ihrer leichten Unterschiede in Typ und Farbe.
Quellen:
- Rassegeflügel-Standart für Europa/Bund Deutscher Rassegeflügelzüchter e.V.
- Die Geflügelzucht Hand- und Lehrbuch der Rassenkunde, Zucht, Pflege und Haltung von Haus-, Hof- und Parkgeflügel Bruno Dürigen 1916/26
- Horst Schmidt: Puten, Perlhühner, Gänse, Enten
Mein Name ist Wilko Janetzko und ich bin 47 Jahre alt.
Nach meiner Ausbildung zum Koch von 1978-1981 kochte ich durch die Welt. Meine Arbeit führte mich von Zürich über Kairo bis nach Schottland. Ende 1989 kehrte ich nach Ostfriesland zurück. Wir Ostfriesen sind halt sehr heimatverbunden.
Im Jahr 1990 fing ich in Emden beim Volkswagenwerk im Karosseriebau an.
1991 erwarb ich dann einen alten „Ostfriesischen Gulfhof“ von 1837. So werden Jugendträume wahr.....
In dreijähriger Bauzeit wurde der Hof kernsaniert und mit drei Wohnungen auf ca. 380 qm Wohnfläche ausgebaut.
Eine Mietwohnung, eine Ferienwohnung und mein eigenes Domizil.
Zum Hof gehören 25.000 qm Landfläche mit einem altem Baumbestand. So war es naheliegend, als Kind vom Lande, auch Tiere zu halten.
Von Hühnern über Tauben, Ponys für die Feriengäste, Katz und Hund natürlich auch Gänse. Nach Jahren der erfolgloser Versuche Gänse in Naturbrut ohne Brutmaschine reichlich zu vermehren (Pommern, Emdener u.s.w.) bekam ich 2002 ein grünes Monatsheft in die Finger. Ich kontaktierte die angegebenen Adressen und hatte alsbald zwei Ganter und vier Gänse auf meinem Hof. Die Vielfalt der Farben und ihr ruhiges Verhalten überwältigten mich.
Im darauffolgendem Jahr, die Gänse legen im ersten Jahr meist einstellig, hatte ich 27 Gössel. Ich inserierte zum Verkauf “Altdeutsche Landgänse aus Naturbrut in allen Farben“. Die Nachfrage überstieg meinen Gösselbestand bei weitem.
Das nächste Problem war Beschreibung der Farben, wer weiß schon das es mehr gibt als weiß und grau? Unzählige Fotos wurden gemacht und verschickt. Da half nur eines, das Internet. Reichliche Informationen und alle Farben konnten auf diesem Wege präsentiert werden.
Ich baute meine Zucht noch weiter aus. Heute sind 30 Gänse und 15 Ganter in meinem Zuchtbestand. Bald begann ich mich noch intensiver mit der Geschichte der Land- oder Bauerngänse zu beschäftigen. Die Namensgebung „Altdeutsche Landgänse“ erfolgte 1998 im Kreise einiger Hobbyzüchter im Schweinfurter Raum. Da viele Landschläge verschwunden waren und nur diese Restbestände im Süddeutschen Raum noch existierten, wurde der Name „Altdeutsche Landgänse“ ausgebrütet. Ein für ganz Deutschland gängiger Name, ohne Eifersüchteleien einzelner Regionen, ein sehr altes gesamtdeutsches Kulturgut!!!!
Gänse in Naturbrut, wo sieht und liest man das heute noch? Was vor 60 Jahren noch jeder Bauersfrau bekannt war, ist heute fast verschwundenes Wissen. Es gibt viele Bücher über die Brutmaschinen, über die Naturbrut jedoch recht wenige und die alten Bücher aus dem vorletzten Jahrhundert sind nur mit viel Glück im Antiquariat zu finden.
Auf meinen Gänsetouren durch die Republik hörte ich immer wieder den Namen „Herr Förster“. Ein Mann der sich seit den 50er Jahren bis zur Selbstaufgabe für den Erhalt dieser natürlichen unverfälschten Tiere eingesetzt hat.
Im Jahre 2000 zog er sich aus gesundheitlichen Gründen gänzlich zurück.
Im Jahre 2005 auf einer Gänsetagestour nach Rotenburg Ob der Tauber lernte ich ihn durch einen glücklichen Zufall kennen.
Heute ist er mein Freund, Mentor und sogenannter „Gänsevater“.
Mein Wissen über die Gänse erlangte durch ihn ungeahnten Umfang, das ich durchs Internet den Interessenten zugänglich mache.
Selbst heute noch nach fast vier Jahren überrascht er mich immer noch mit Feinheiten wie z.B. in der „Farbzucht“ der Gänse.
Vor einigen Jahren gab es Bestrebungen diese ästhetischen, unverfälschten Tiere durch einkreuzen von Pommern- , Russen- und Industriegänse größer und schwerer zu machen. Das führte zur „Durchseuchung“ ganzer Landstriche und in diesen zur Vernichtung der Altdeutschen Gänse. Plumpe, unästhetische Tiere mit mangelhaftem Bruttrieb, die dafür 35 Eier pro Gelege hatten, waren die Folge.
Was genetisch eingekreuzt wird, schlägt nach mehreren Generationen immer wieder durch. Was ausgestorben ist, lässt sich leider nicht wieder zurück züchten.
Es entsteht ein Tier was ähnlich aussieht, aber bei weitem nicht die guten Eigenschaften hat wie das Original, als Beispiel auch beim Ur- oder Heckrind.
Aussterben werden diese schönen, ursprünglichen Gänse wahrscheinlich nicht, viele kleine und einige große Hobbyhalter in Norden/Ostfriesland, bis Olching bei München und in den neuen Bundesländern tun ihr Bestes zum Erhalt dieser unverfälschten Tiere.
Durch meine Arbeit und Unterstützung des Mediums Internet kehren sie unter dem Namen „Altdeutsche Landgänse“ deutschlandweit in ihre angestammten Gebiete zurück.
Ich hoffe, dass ich dieses schöne Hobby noch lange ausüben und andere dafür begeistern kann ...